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Channel: The Cronicles of D.C.L. - Resurrection
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Jessica Jones (Staffel 1)…

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…führt in vielerlei Hinsicht das weiter, wo nicht zu einem vorläufigen Ende, was „Daredevil“ (die Serie!) begann: sie bringt das sich immer weiter ausdehnende Marvel-Universum zurück zu den echten Menschen und erzählt Geschichten, in denen Superkräfte nur ein untergeordneter Teil erstaunlich komplexer, erstaunlich zutreffender Charakterstudien sind und in der im Interesse der Authentizität und dank des Netflix-Sendeplatzes wieder geblutet, gevögelt und geflucht werden darf, dass es eine Freude ist, welche wiederum angesichts dieses ungemein grimmigen, teilweise regelrecht deprimierenden Noir-Juwels eigentlich bisweilen deutlich getrübt sein müsste. Aber Melissa Rosenberg, die schon den ähnlich finsteren „Dexter“ als Head Writer durch seine besten Jahre begleitet hat, besitzt ein traumwandlerisches Gespür dafür, auch die niederschmetterndsten Momente gerade dann durch eine fast schon melancholisch-müde Ironie so leicht zu überhöhen, dass sie einerseits erträglich werden, andererseits aber immer noch wehtun. Dabei werden selbst die kleinsten Rollen mit dem größten Respekt behandelt und reden nicht selten „echt“ und entgegen der altbewährten Klischees, die sich jahrelang ins Hirn eingebrannt haben, was langfristig so erfreulich ist, dass ich die Serie allein deshalb schon sehr lieb habe. Der Hauptgrund dafür ist und bleibt aber Krysten Ritter, der es als titelgebende Hauptfigur so überzeugend und aufrichtig am Arsch vorbeigeht, was wir von ihr halten, dass sie auf Dauer unwiderstehlich wird, die Scheiße baut, sich in Plänen verrennt und überhaupt so unaufdringlich fehlbar ist, dass sie im Gegensatz zu den allermeisten sonstigen Marvel-Figuren – auch und gerade die Frauen, die nach alter Männerlogik nur dann „stark“ genug sein können, wenn sie wie Agentin Carter klüger und besser als alle anderen sind – richtig Fleisch besitzt und nachhaltig ans Herz wächst. Gegen wirklich jeden aufgebrachten Willen gelingt dies auch einem furiosen David Tennant, diesem Möchtegern-Mephisto, der zwar in punkto Einflüsterungsgabe und Grausamkeit seinem legendären Vorbild in nichts nachsteht, der aber gerade da ein Kind mit Lupe und Ameisen ist, wo er so gerne ein Maestro mit Taktstock und Orchester wäre, was ihn viel furchterregender werden lässt, als es beispielsweise der schwer gebildete und immer kultiviert bleibende Hannibal Lecter je sein könnte. Interessant, dass es hier wie schon bei D‘Onofrio in „Daredevil“ wieder ein kleiner Junge ist, der im Körper eines Erwachsenen sitzt und aus Sehnsucht nach Liebe abscheuliche Dinge tut – wenn „Luke Cage“ das auch so durchzieht, wollen die uns was sagen… Apropos: Mike Colter ist eine Wucht und löst meine leisen Zweifel, was so spannend an einem Kerl sein soll, der nicht kaputt geht, in Nichts auf.
„Jessica Jones“ ist der zweite große Triumph der Marvel-Netflix-Kooperation. Die Serie zieht aus der Tatsache, dass es im selben Universum sprechende Waschbären, geschrumpfte Superhelden und grüne HB-Männchen gibt, noch weniger Vorteile als „Daredevil“, weil sie nochmal ein Stück weit geerdeter, eigenständiger und seufz…ja…doch, erwachsener ist, und gibt ebendiesem bunten, lauten Mainstreamkino dafür eine Substanz, die dieses so sehr aufwertet, wie es das bei Lichte betrachtet gar nicht verdient hat.
Ich bin verliebt.

D.C.L.


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