…geht von Beginn an sehr offen mit seiner absurden, sich über ein Vierteljahrhundert hinziehenden Entstehungsgeschichte um: per klärendem „After 25 years…“-Schriftzug wird auch den Vergesslichsten unter uns in Erinnerung gerufen, dass es nach all den Produktionserschwernissen, Geldknappheiten, Hauptdarstellertoden und Rechtestreits ein kleines Wunder ist, in einem Lichtspielhaus zu sitzen und endlich Terry Gilliams erklärtes Herzenswerk sehen zu können. Es gibt immens viel Positives über diesen pröchtigen Film zu sagen, das Erstaunlichste ist freilich, dass dies der einzige Moment in den über zwei Stunden Laufzeit bleiben wird, an denen ich aktiv und nicht mal flüchtig nebenbei an Gilliams wahre Odyssee dachte (auch wenn sich freilich die narrative und reale Dopplung um dem alten Mann, den der traurige Ritter nicht mehr loslässt, geradezu aufdrängen sollte).
So kam es, dass ich erst hinterher feststellte, dass ich mir keine bessere Besetzung als die eben zuvor gesehene hätte ausmalen können, vor allem: wie froh ich bin, dass der Part des desillusionierten, zynischen Regisseurs, den sein allererster Film wieder einholt, von Adam Driver und nicht von einem jungen Johnny Depp verkörpert wurde. Letzterer hätte im besten Fall einen schwer verdaulichen Zwitter aus dem Dead Man und Jack Sparrow abgeliefert, während Driver mit genau der richtigen Leichtigkeit seine grob geschätzt achthundert „Fuck“s abliefert, herrlich ungeniert arschlöchrig ist, sich ohne Deppsche Spielastik gut und gerne zum Vollhorst macht und ganz nebenbei zu meiner aufrichtigen Verblüffung beweist, dass er ein begnadeter Komiker ist, dessen Delivery mich so oft so laut lachen ließ, wie es mir in keinem sonstigen Film 2018 vergönnt war. Und dessen Bogen so klar und vorhersehbar vorgezeichnet scheint, dass ich erst merkte, in welche Abgründe Gilliam mich dahingehend führen würde, als es längst zu spät war.
Und bei aller Liebe, Verehrung, Ehrfurcht vor dem überlebensgroßen John Hurt, bei aller potentiellen Rührung über eine eine Zeit lang kolportierte Beteiligung des alten Mit-Pythons Michael Palin und bei aller Neugierde, wie ein wortwörtlicher Altmeister wie Rochefort mit der Rolle umgegangen wäre: Jonathan Pryce ist ein hinreißender Quichote. Spitzbübisch, heldenhaft, bisweilen gehörig wahnsinnig und die Melancholie, die seiner Rolle innewohnt, bis zum großen Finale auf ein Minimum reduzierend, was seiner Figur wie dem Filmfluss sehr gut tut.
Überhaupt: derart virtuos und gelassen hat Gilliam zuletzt in „Brazil“ mit dem Wahnsinn gespielt. Und derart rund wie dieser manisch-frivole Fiebertraum wirkte seit „Twelve Monkeys“ kein Film mehr von ihm. Ja, der Film ist lang, hat aber keine Längen, genauso wie er weise ist, ohne belehrend zu sein, boshaft, aber nicht bösartig, wehmütig, aber niemals schwer. Und immer wieder totkomisch.
Außerdem ist er gleichzeitig eine vor allem gegen Ende unerwartet scharfe Abrechnung mit den Verstand vernebelnden Mythenstrukturen, sowie gleichzeitig ein sehr liebevoller, erstaunlich werktreuer Umgang mit der Quichote-Geschichte.
Ein Film, auf den sich das Warten mehr als gelohnt hat.
D.C.L.